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„Opfer (sexueller) Gewalt im Strafverfahren“

  • Autorenbild: Ramon Thal
    Ramon Thal
  • 2. Nov. 2024
  • 3 Min. Lesezeit

Frau S. hat den Mut aufgebracht, eine lang andauernde sexuelle Gewalt anzuzeigen. Sie geht zur Polizei, schildert ihre traumatischen Erlebnisse, und sie hofft auf Gerechtigkeit. Doch im Strafverfahren erwartet sie etwas, das sie so nicht hat kommen sehen: Der Strafverteidiger des Täters versucht, ihre Aussagen zu untergraben, ihre Glaubwürdigkeit zu erschüttern und sie als Person darzustellen, die vermeintlich übertreibt oder falsche Anschuldigungen erhebt. Mit jedem Verhandlungstag fühlt sie sich zunehmend als die Angeklagte – und weniger als Opfer. Diese Erfahrung ist keine Seltenheit.

Sexualstrafverfahren sind emotional und rechtlich herausfordernd. Oft fühlen sich die Opfer allein und nicht ausreichend geschützt. Besonders in einer Situation, in der Verteidiger versuchen, das Opfer als bloße Zeugin darzustellen und durch taktische Mittel dessen Ruf zu beschädigen, ist es entscheidend, dass Betroffene sich ihrer Möglichkeiten bewusst sind. Eine dieser Möglichkeiten ist die Anschluss-Erklärung als Nebenklägerin im Strafverfahren. Diese Entscheidung kann Opfer in ihrer Position stärken, ihre Rechte schützen und dazu beitragen, dass sie sich im Verfahren gehört und nicht entmündigt fühlen.


1. Warum eine Nebenklage so wichtig ist

Indem sich Betroffene einer Sexualstraftat als Nebenkläger anschließen, treten sie nicht nur als Zeugen im Verfahren auf, sondern haben eine aktive Rolle, die ihnen besondere Rechte gewährt. Dies schützt vor Manipulationsversuchen der Verteidigung und stärkt das Recht des Opfers auf eine faire Behandlung. Als Nebenklägerin hat Frau S., wie auch viele andere Betroffene, folgende wichtige Rechte:

  • Eigenständige Anwesenheit und Mitsprache: Nebenkläger haben das Recht, an allen Verhandlungstagen teilzunehmen und das Verfahren aktiv zu verfolgen.

  • Recht auf Akteneinsicht: Dies ermöglicht es ihnen, auf dem Laufenden zu bleiben und eventuelle Aussagen und Beweise der Gegenseite zu kennen.

  • Eigene Anträge stellen und Fragen stellen: Durch die Nebenklage kann das Opfer eigenständig Beweise einbringen und Fragen an den Angeklagten oder Zeugen richten – ein großer Vorteil, um die eigene Position zu stärken.


2. Schutzanträge und juristische Beistandsbestellung: Sicherheit und Unterstützung von Beginn an

Nicht nur im Verfahren selbst, sondern schon vorher ist rechtlicher Schutz für Betroffene essenziell. Mithilfe von Schutzanträgen kann das Gericht Maßnahmen zum Schutz der Opfer anordnen, wie etwa Kontakt- oder Näherungsverbote. Dies gibt den Betroffenen Sicherheit und zeigt dem Täter klare Grenzen auf.

Zusätzlich können Opfer einen juristischen Beistand beantragen. Dieser wird ihnen häufig schon im Vorverfahren beigestellt, um sie durch die rechtlichen Hürden zu begleiten. Gerade zu Beginn des Verfahrens oder schon bei der Anzeigenerstattung ist dies von entscheidender Bedeutung. Denn häufig können unpräzise oder voreilige Anzeigen dazu führen, dass Beweise nicht hinreichend gewürdigt oder die Ermittlungen eingestellt werden.


3. Kostenfreier Rechtsbeistand durch Beiordnung

Oft zögern Betroffene von sexueller Gewalt, rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, weil sie die hohen Kosten fürchten. Hier schafft der Gesetzgeber Möglichkeiten, sodass dem Opfer durch eine Beiordnung des Anwalts keine finanziellen Lasten entstehen. Dies bedeutet, dass die Kosten für den Anwalt vom Staat übernommen werden und die Betroffenen in fast allen Fällen auf kostenfreie Weise rechtlich beraten und vertreten werden können.


4. Die Rolle der anwaltlichen Unterstützung – warum sie so früh wie möglich gesucht werden sollte

Für Betroffene ist es ratsam, sich schon vor der Anzeige anwaltlich beraten zu lassen. Ein spezialisierter Anwalt kann eine wertvolle Hilfe sein, um das Verfahren frühzeitig auf eine solide Grundlage zu stellen. Oftmals führt eine ungenaue Schilderung dazu, dass die Anzeige nicht die erforderliche Beweiskraft besitzt und es zu einer Verfahrenseinstellung kommt. Eine frühzeitige juristische Beratung stellt sicher, dass das Opfer von Anfang an gut vorbereitet ist und seine Rechte in vollem Umfang wahrnimmt.


Fazit: Mehr als eine Zeugin – wie sich Opfer stärken können

Betroffene sexueller Gewalt haben umfassende Rechte, die es ihnen ermöglichen, im Verfahren nicht nur als Zeugin behandelt zu werden. Die Möglichkeit, sich als Nebenklägerin anzuschließen, bietet Schutz, Unterstützung und die Chance, das Verfahren aktiv mitzugestalten.

Mithilfe eines spezialisierten Anwalts können sich Opfer auf die bestmögliche Weise rechtlich absichern. Ein starker rechtlicher Beistand gibt Betroffenen nicht nur eine Stimme, sondern schützt sie vor Manipulationsversuchen der Gegenseite und hilft ihnen, das Verfahren mit Würde und Stärke durchzustehen.

 
 
 

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