Frühzeitige Verteidigung im Sexualstrafrecht
- Ramon Thal
- 16. Nov. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Ist da etwas dran oder nicht - warum anwaltlicher Rat von Beginn an so entscheidend ist:

Im Strafrecht, insbesondere im sensiblen Bereich des Sexualstrafrechts, kann bereits der erste Kontakt mit den Ermittlungsbehörden über den Ausgang des Verfahrens entscheiden. Ein aktueller Fall aus unserer Praxis zeigt eindrücklich, wie wichtig es ist, frühzeitig einen Anwalt hinzuzuziehen – und welche Risiken selbst vermeintlich harmlose Rechtfertigungen des Beschuldigten mit sich bringen können.
Der Fall: Beschuldigung gemäß § 177 Abs. 2 StGB
Unser Mandant sah sich einer gravierenden Anschuldigung ausgesetzt: Er wurde beschuldigt, entgegen § 177 Abs. 2 StGB, Geschlechtsverkehr mit einer stark alkoholisierten Person gehabt zu haben, die nicht in der Lage war, einen eigenen Willen zu bilden. Noch bevor er anwaltlichen Rat in Anspruch nahm, machte er gegenüber der Polizei Angaben, um die Situation zu erklären. Dabei versuchte er, sein Verhalten zu rechtfertigen – in dem guten Glauben, damit die Vorwürfe zu entkräften.
Doch genau diese unüberlegten Erklärungen wirkten sich letztlich zu seinem Nachteil aus. Der Anwalt des vermeintlichen Opfers nutzte diese Aussagen, um den Tatverdacht zu erhärten und die Vorwürfe zu stützen.
Rechtfertigungen im Sexualstrafrecht: Ein zweischneidiges Schwert
In dieser Situation zeigt sich, wie gefährlich es sein kann, ohne anwaltlichen Beistand Erklärungen abzugeben. Selbst wenn der Beschuldigte sein Verhalten plausibel erklärt, wird dies oft von den Ermittlungsbehörden und dem Rechtsbeistand des Opfers gegen ihn verwendet. Rechtfertigungen können das Bild der Verteidigung schwächen, da sie oftmals als indirektes Schuldeingeständnis interpretiert werden und den Tatverdacht weiter erhärten.
Gerade im Sexualstrafrecht, wo es oft um Wort gegen Wort steht, können unbedachte Aussagen erhebliche Folgen haben. Daher ist es unerlässlich, jede Äußerung und Erklärung im Kontext des gesamten Falls zu prüfen – und genau hier kommt die wichtige Rolle eines spezialisierten Anwalts ins Spiel.
Der Wert einer fundierten Einzelfallprüfung durch einen Anwalt
Als unser Mandant schließlich unsere Kanzlei aufsuchte, war die Lage ernst. Die bereits gemachten Aussagen schienen seine Position weiter zu belasten - die Gegenseite nutzte diese geschickt. Wir führten zunächst eine detaillierte Prüfung der Ermittlungsakte durch, um die Gesamtsituation zu bewerten und die bisherigen Aussagen des Mandanten in den richtigen Kontext zu setzen.
Durch die gezielte Einzelfallprüfung entwickelten wir eine Verteidigungsstrategie, die auf einer präzisen, punktgenauen Verteidigererklärung basierte. Diese Erklärung ermöglichte es uns, die Vorwürfe ins rechte Licht zu rücken und Schwachstellen in der Darstellung der Gegenseite aufzudecken. Durch die richtige Einschätzung der Lage und eine sorgfältig vorbereitete Verteidigung gelang es uns, Zweifel an den Vorwürfen zu säen und das Ermittlungsverfahren letztlich mangels Tatverdacht einstellen zu lassen.
Fazit: Keine unüberlegten Äußerungen – anwaltlichen Rat von Beginn an einholen
Dieser Fall zeigt deutlich, wie wichtig es ist, sich von Anfang an anwaltlich beraten zu lassen. Versuche, das eigene Verhalten zu rechtfertigen, mögen in der Situation des Beschuldigten als sinnvoll erscheinen, führen jedoch häufig dazu, dass sich der Tatverdacht erhärtet und die Verteidigungsposition schwächer wird. Es ist immer eine genaue Einzelfallprüfung durch einen erfahrenen Anwalt erforderlich, um die Lage realistisch einzuschätzen und eine punktgenaue Verteidigungsstrategie zu entwickeln.
Wer sich frühzeitig anwaltlichen Beistand sichert, kann sicherstellen, dass keine unbedachten Äußerungen gemacht werden, die später gegen ihn verwendet werden könnten. Eine fundierte Verteidigung zielt darauf ab, die Rechte des Beschuldigten zu schützen und durch strategische Erklärungen auf einen positiven Ausgang des Verfahrens hinzuarbeiten.
Unser Rat lautet daher: Machen Sie keine voreiligen Aussagen gegenüber den Ermittlungsbehörden und suchen Sie
so früh wie möglich rechtlichen Beistand. Nur so können Sie sicherstellen, dass Ihre Verteidigung optimal aufgestellt ist – insbesondere im sensiblen Bereich des Sexualstrafrechts, wo jede Äußerung entscheidend sein kann.
Die größte Waffe gegen Beschuldigungen ist Schweigen!
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