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Aktueller Fall: Einfuhr von BTM

  • Autorenbild: Ramon Thal
    Ramon Thal
  • 26. Juli
  • 2 Min. Lesezeit
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Erste Regel – immer und überall: Sie müssen zur Sache keine Angaben machen. Nicht im Zug, nicht am Bahnhof, nicht auf der Dienststelle. Höflich bleiben – schweigen. Keine „kurze Erklärung“, keine PIN‑Codes, keine „freiwilligen“ Tests, nichts unterschreiben. Alles Weitere erst nach Akteneinsicht – und, wenn überhaupt, geordnet durch die Verteidigung. Das gilt im Betäubungsmittelstrafrecht besonders.

Es war ein früher Vormittag im grenzüberschreitenden Zug. Ein Zollhund arbeitet sich durch den Wagen, konzentriert und routiniert. Am Rucksack meines Mandanten bleibt er stehen, setzt sich und zeigt an. Die Beamten fragen: „Woher kommen Sie, wohin wollen Sie?“ Mein Mandant ist nervös und antwortet spontan: Aus Holland, zurück nach Deutschland. Später werden Cannabis, Kokain und Amphetamin aufgefunden.

Juristisch ist damit in vielen Fällen das Entscheidende gesagt: Einfuhr. Nicht nur Besitz im Zug, sondern das Verbringen über die Grenze. Und hier wurde es eng: ein Gramm unter der Schwelle zur nicht geringen Menge.

Was hieße das konkret? Bei Einfuhr in nicht geringer Menge droht Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren (in minder schweren Fällen drei Monate bis fünf Jahre). Keine Geldstrafe.


Im „normalen“ Einfuhr‑Tatbestand ohne nicht geringe Menge gilt zwar ein deutlich niedrigerer Rahmen (bis zu fünf Jahre oder Geldstrafe), aber: Ohne die Angaben zur Reiseroute wäre die Einfuhr häufig gar nicht erst nachweisbar – es bliebe bei dem, was greifbar ist. Genau deshalb gilt:


Schweigen schützt – Schweigen ist die mächtigste Waffe des Beschuldigten.


In Verfahren, in denen bereits Angaben gemacht wurden, heißt es: Akte lesen – ganz genau. Wir prüfen, wie die Aussage zustande kam, wann belehrt wurde, ob korrekt protokolliert wurde und was tatsächlich gefragt und geantwortet wurde. Diese Prüfung führt regelmäßig zu einem Konflikt mit dem Gericht: Ein Geständnis kann in der Praxis zwar spürbar mildern; das gilt insbesondere, wenn eine umfangreiche Beweisaufnahme abgekürzt werden kann.


Vor jeder Einlassung steht die Frage: Kann der Tatnachweis überhaupt geführt werden? Und wenn die Strafverfolgungsbehörden Druck ausüben, wird dieser Druck ausgehalten – dafür sind die Verteidigung und rechtsstaatliche Regeln da. Ihr Strafverteidiger/Anwalt steht dafür ein.


Und unser Fall? Trotz der ungeschickten Spontanäußerung, die den Vorwurf der Einfuhr erst möglich machte und meinen Mandanten beinahe in die Zone der nicht geringen Menge geführt hätte, konnten wir das Verfahren in der Hauptverhandlung gegen Auflagen beenden – § 153a StPO. Kein Schuldspruch. Nach Erfüllung der Auflage ist die Sache erledigt. Die Lehre bleibt klar: Nicht die Hoffnung auf Glück oder Formfehler entscheidet, sondern die Haltung in der ersten Minute.


Merksatz für den Notfall: „Ich mache keine Angaben, keine freiwilligen Maßnahmen und möchte mit meinem Anwalt sprechen.“


 
 
 

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